Das legendäre „Automat Kalaschnikow“
Wer sein ganzes Leben nicht gerade allein in einer Höhle verbracht hat, oder von Gorillas großgezogen wurde, hat in seinem Leben zumindest einmal ein Bild von einer AK gesehen. Kaum ein Bösewicht in einem Hollywood Actionfilm kommt noch ohne irgendeine AK aus, und so ziemlich jeder große Ego-Shooter hat zumindest eine Variante davon. Ob Call of Duty, Battlefield, Medal of Honor oder das unvergessliche James Bond: Golden Eye – um nur einige wenige zu nennen – bedienen sich dieser ikonischen Waffe.
Das im Jahr 1946 im sowjetischen Russland entwickelte Automat Kalaschnikow Modell 47 - oder auf Russisch „Awtomat Kalaschnikowa, obrasza 47“ – wurde von Michail Timofejewitsch Kalaschnikow entwickelt und ist nach ihm benannt. Seit der Einführung des Gewehrs wurden bis zum heutigen Tag schätzungsweise zwischen 80 und 100 Millionen Stück diverser Modelle und Nachbauten davon hergestellt. Wenn man sich also mit Waffen beschäftigt, ist das AK 47 (oder eine Variante davon) definitiv eine derer, die man auf jeden Fall mal in der Hand gehabt haben möchte.
Nicht zuletzt seit dem Videospiel „Escape from Tarkov“ und auch der gleichnamigen russischen Filmserie die man sich kostenlos auf YouTube anschauen kann (und unserer Meinung nach auf jeden Fall anschauen sollte), ist ein noch größerer Hype um die Waffe entstanden – vor allem in den USA. In der Filmserie ist sehr oft die 100er Modellreihe zu sehen, die von einer fiktiven russischen Spezialeinheit verwendet wird. Die Waffen sind dabei genauso mit Anbauteilen ausgerüstet wie auch Gewehre von tatsächlichen russischen Spezialeinheiten. Für diesen Artikel schauen wir uns eine AK 104 an, die noch in ihrem Originalzustand ist.
Bevor wir aber zum Testbericht kommen, schauen wir uns noch kurz die Entstehung der 100er Modellserie an.
Die Entstehung
In den frühen 90er Jahren war das AK 74M das Grundmodell für die neue 100er Modellreihe von Gewehren, unter denen das Modell Automat Kalaschnikow 103 die wohl erfolgreichste kommerzielle Version wurde.
Die 100er Serie von AK´s umfasst über ein halbes Dutzend Modelle, die alle auf dem selben Gehäuse basieren und von Kalaschnikow so entworfen wurden um die Herstellung soweit wie möglich zu vereinfachen.
Das Modell 104 im Kaliber 7,62 x 39 ist dabei die kürzere Version des Modells 103.
Durch die Umstellung der Produktion auf die 100er Serie, war es nicht nur möglich viele verschiede Modelle und Konfigurationen von AK´s herzustellen, sondern man konnte auch alle Modelle praktisch auf der selben Produktionslinie herstellen.
Um ein besseres Bild über das Ausmaß der Veränderungen zu bekommen, werfen wir einen Blick auf die Entwicklung des originalen Automat Kalaschnikow 47. Vor der 100er Serie hatten russische Militärwaffen-Hersteller eine riesige Modellvielfalt mit verschiedenen Konfigurationen. Die Hauptgruppen waren dabei das AKM, das AK74N mit fixem Schaft, das AKS74 mit Klappschaft und das AKS74U.
Die Mündungsgeräte, die Kornträger, die Gasabnahmen, die Vorderschäfte und Schäfte, die Läufe, die Verschlussträger und Verschlüsse – alles war verschieden und praktisch nichts war untereinander austauschbar. In den 90er Jahren entschloss sich die Firma Izhmash (vormals Izhevsk Arsenal) das Design des Automat Kalaschnikow nochmals von Grund auf neu zu entwerfen und bezog dabei niemand geringeren mit ein als Michail Kalaschnikow selbst. Die 100er Modellreihe ist das letzte Design bei dem er mitgewirkt hat.
Bei der 100er Produktreihe dreht sich alles um den Herstellungsprozess. Es geht darum, eine einzige Produktionslinie zu haben auf der man alle Varianten herstellen kann und einen minimalen Aufwand beim Austausch von Teilen hat. Bei allen Modellen ist der gleiche hintere Trunnion mit 5,5 mm Durchmesser und auch der gleiche Schaft verbaut. Zudem wird bei allen Gewehren dieser Modellreihe das gleiche Gehäuse verbaut, was es möglich macht bei allen Modellen den gleichen Vorderschaft zu verwenden, sowie auch den gleichen Verschlussträger und die gleiche Abzugseinheit.
Die einzigen Unterschiede zwischen den Gewehren der verschiedenen Kaliber beschränken sich somit auf den Lauf, den Verschluss und die Kimme. Zwischen den standardlängen und den Karabinern wiederum, beschränken sich die Unterschiede auf die Gasabnahme mit eingebauten Kornträger, die Kimme und das Mündungsgerät.
Bis auf die Mündungsgeräte und den wenigen unterschiedlichen Teilen der verschiedenen Modelle, kann aber jedes Gewehr der 100 Reihe auf der selben Produktionslinie hergestellt werden.
AK 104 / SAIGA MK 104 / Izhmash Saiga MK - verschiede Bezeichnungen – ein Gewehr
Die AK-Profis unter euch werden wahrscheinlich beim ersten Blick feststellen, dass man dieses Gewehr nur bedingt als AK 104 bezeichnen kann. Auch wenn von außen keine wirklichen Unterschiede erkennbar sind, so gibt es zwischen der militärischen und der zivilen Version jedoch einen ganz markanten Unterschied – nämlich den Feuerwahlhebel. Die „echte“ AK 104 kann sowohl halb- als auch vollautomatisch geschossen werden und hat dementsprechend einen Feuerwahlhebel mit drei Stellungen. Die zivilen Varianten können alle selbstverständlich nur halbautomatisch schießen und haben dementsprechend nur einen Sicherungshebel mit dem man die Waffe sichern oder entsichern kann.
Die jetzige Kalashnikov Gruppe hat in der Vergangenheit schon einige Namensänderungen durchgemacht und beinhaltet
die wohl bekanntesten russischen Waffenmarken wie Baikal, Izhmash und Saiga. Dementsprechend findet man auch die Bezeichnung „SAIGA-MK“ auf dem Gewehr und auf der Kalashnikiv-Webseite wird das
zivile AK 104 unter der Modellbezeichnung „SAJGA 7,62 ISP 33“ geführt
Einige unter euch kennen die Firma SAIGA vielleicht noch als Hersteller von Jagdwaffen und haben evtl. noch ihre Jagdgewehre mit Monte-Carlo-Schaft in Erinnerung. Diese Modelle haben keinen Pistolengriff, die Abzugseinheit ist weiter nach hinten versetzt und auch der Vorderschaft ist gänzlich anders. In diesem Modell funktionieren auch keine handelsüblichen und weit verbreiteten AK-Magazine, sondern man braucht eigene Saiga Magazine. Wenn man die „normalen“ Magazine nutzen will, muss man die Waffe dafür anpassen und unter anderem eine kleine Rampe vor dem Patronenlager montieren damit die Patronenzuführung funktioniert.
Die SAIGA-MK Modelle haben aber nichts mit diesen Saiga Jagdgewehren zu tun! Sie werden schon ab Werk so gebaut, dass sie mit allen gängigen AK 47 /
74 Magazinen funktionieren. Auf der Suche nach einem Händler über den wir die Waffe beziehen konnten, trafen wir auf einen der uns genau deswegen vom Kauf einer SAIGA-MK abriet – weil sie
angeblich nicht mit normalen AK-Magazinen funktionieren würde. Ein anderer Händler gab wiederum an, dass seine SAIGA-MK Modelle brüniert seien – was sehr merkwürdig schien, da AK´s grundsätzlich
nur lackiert sind.
Technische Daten und Verarbeitung
Modell: |
Saiga MK 7,62x39 |
Preis: |
~ 800 - 1900 € |
System: |
indirektes "Long Stroke"-Gasdrucksystem mit Drehkopfverschluss |
Lauflänge: |
341 mm |
Schaft: |
schwarzer Polymerschaft, Vorderschaft mit zwei Picatinny-Schienen |
Sicherung: |
Abzugssicherung auf der rechten Gehäuseseite, mit dem Abzugsfinger bedienbar |
Optikmontage: |
PSO-Montagebasis auf der linken Gehäuseseite |
Länge: |
85 cm |
Gewicht: |
3,15 kg |
Aber genug zur Vorgeschichte – kommen wir zum Gewehr selbst und schauen es uns von vorne nach hinten an.
Die SAIGA-MK 104 ist wie gesagt die zivile Version der AK 104 und hat dementsprechend das gleiche Kaliber – nämlich 7,62 x 39 mm. Als Mündungsgerät ist ein sogenannter Booster oder auch Rückstoßverstärker verbaut. Dieser soll bei den Karabinern dafür sorgen, dass die Waffe trotz kürzerem Lauf zuverlässig funktioniert und auch das Mündungsfeuer verringern. Das Gewehr funktionierte bei unseren Tests aber auch ohne Mündungsgerät absolut Störungsfrei – man kann es also entweder weglassen oder verbaut ein Mündungsgerät nach Wahl, vorausgesetzt es hat ein Gewinde in M24x1,5R.
Das 24mm Gewinde braucht man aber nicht weil der Lauf so dick ist, sondern weil es sich auf der Gasentnahme befindet. Um die Produktion nämlich noch etwas zu vereinfachen, fungiert die Gasentnahme gleichzeitig auch noch als Kornträger und Befestigungsmöglichkeit für Mündungsgeräte. Dadurch hat das Mündungsgerät zwar etwas Spiel und ist auch nicht unbedingt konzentrisch zum Lauf, aber für einen Kompensator reicht es, und für mehr als das ist die AK in dieser Konfiguration ohnehin nicht gedacht.
Der verchromte Lauf hat eine Länge von 341 mm und weist für dieses Kaliber eine relativ dünne Kontur auf, um das Gesamtgewicht so gering wie möglich zu halten. Der Vorderschaft hat auf der Unterseite und auf der rechten Seite eine MIL-STD-1913 Picatinny-Schiene um z.B. ein Zweibein oder einen Griff anbringen zu können. Wie alle Modelle der 100er Reihe besteht sie aus lackierten Blechprägeteilen und wird mit Kunststoff-Anbauteilen gefertigt. Je nach Version kann der Hinterschaft eingeklappt werden oder nicht.
Die Kimme der offenen Visierung lässt sich bis auf 500 Meter einstellen, was für dieses Kaliber mit dieser Lauflänge schon sehr optimistisch ist. Der vergrößerte Sicherungshebel kann mit dem Zeigefinger bedient werden ohne die Hand dafür vom Griff nehmen zu müssen. Auf der linken Seite befindet sich eine Aufschub-Montageschiene auf die man entweder originale Russische Optiken oder eine Picatinny-Schine montieren kann.
Vor dem Patronenlager befindet sich eine vernietete Rampe und auch der Magazinhebel ist so gebaut, dass alle handelsüblichen AK-Magazine problemlos funktionieren. Der Abzug ist ziemlich kratzig und könnte auf jeden Fall eine Politur vertragen, aber er bricht sehr konstant bei 2Kg. Die allgemeine Verarbeitung ist sehr gut, alle Teile sind sauber verarbeitet und die kanten der Blechteile wurden abgeschliffen und von Metallspänen gesäubert; und nein, das machen nicht alle AK-Hersteller – oder zumindest nicht gleich gut.
Auf dem Schießstand
„Präzision“ ist eine Sache die sehr relativ ist und zudem immer in Relation betrachtet werden muss. Bedingt durch den Fertigungsprozess sind AKs niemals ident und dementsprechend lässt sich das Ergebnis unseres Gewehrs auch nicht ohne weiteres auf alle Gewehre dieser Serie anwenden.
Ein Parameter der am häufigsten für die Messung der Präzision herangezogen wird, ist der Streukreis und dieser wird meist in MOA angegeben. 1 MOA entspricht dabei 29mm auf einer Entfernung von 100 Metern. Je nachdem wen man fragt bzw. welche Berichte man liest, liegt (abhängig von der Munition) die Präzision von AKs irgendwo zwischen 2 und 5MOA. Das würden ca. 58mm bis ca. 150mm entsprechen.
Für unseren Test haben wir Munition von Sellier & Bellot und von Barnaul verwendet, die mit 124grs bzw 123grs ein ziemlich identes Projektilgewicht aufweisen. S&B verwendet für die Hülsen jedoch Messing und Barnaul hat klassische Stahlhülsen. Insgesamt wurden bisher ca. 450 Schuss Barnaul und ca. 100 Schuss S&B mit dem Gewehr verschossen und beide Munitionssorten funktionierten einwandfrei. Auch was das Trefferbild angeht war kein wirklicher Unterschied zwischen den zwei Ladungen sichtbar.
Für den ersten Test wurde das Gewehr mit einem HAWKE Vantage 1x30 Rotpunktvisier mit 3 MOA auf eine Entfernung von 50 Metern eingeschossen. Nachdem es mit der Barnaul Munition eingeschossen wurde, ist das Trefferbild dementsprechend allgemein etwas zentraler als mit der S&B. Die einzelnen 5-Schuss-Gruppen fielen aber mit durchschnittlichen 7cm, bei beiden Laborierungen praktisch gleich aus.
Für den 100m Test haben wir das Gewehr mit einem Zweibein und einem Kahles 624i ausgestattet.
Die Beste 10-Schuss-Gruppe mit der Barnaul Munition kam dabei auf einen Streukreis von 16cm und mit der S&B gelang uns die beste Gruppe mit
13,5cm. Somit liegt der Streukreis dieses Exemplars irgendwo zwischen 4,5 und 5,5 MOA. Klingt jetzt nicht sonderlich berauschend, aber unserer bisherigen Erfahrung nach, ist das die
Durchschnittliche Präzision einer AK im Kaliber 7,62 x 39.
Bedingt durch den Herstellungsprozess, gibt es wie gesagt eine ziemlich große Schwankung bei der Präzision von AKs und es ist möglich, dass ihr ein Exemplar kauft, mit der sich evtl. Streukreise von 2 oder 3 MOA bewerkstelligen lassen (die Wahrscheinlichkeit ist jedoch eher gering). Wir werden aber ganz sicher noch einige Ausflüge auf den Schießstand machen und halten euch auf den Laufenden.
Fazit
Im Allgemeinen werdet ihr mit einer AK im Kaliber 7,62 x 39 und einem 341mm langen Lauf keine Präzisionswunder vollbringen können und wer es trotzdem schafft, Glückwunsch! Aber diese Waffe kauft man sich ohnehin nicht, um damit an Präzisionsbewerben teilzunehmen, sondern weil es Stück Waffengeschichte ist.
Das Einzige worauf ihr achten solltet, ist der Preis. Wenn man nämlich ein wenig die Preise vergleicht wird man merken, dass diese AKs im Ausland um ca. 800€ gehandelt werden. Wir haben dieses Modell von einem ziemlich bekannten österreichischen Händler um sage und schreibe 1.890€ angeboten bekommen – das wir dieses Angebot nicht angenommen haben, versteht sich wahrscheinlich von selbst.